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Wale, Seehunde und Puffinpizza – ein Reisebericht

31/8/2015

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Eine Autofahrt von Reykjavík nach Ísafjörður ist nichts für Ungeduldige. Nach der Hälfte der Strecke geht unsere Reise eigentlich erst los. Wir müssen noch sechs Fjorde umfahren und haben bereits das Gefühl, nie anzukommen. Doch wie es sich lohnt. In Skötuförður flätzen sich Seehunde träge auf einer Sandbank und am Ende des Hestfjörður zieht eine Schule Grindwale an uns vorbei. Ich habe meine Kamera vergessen und ärgere mich. Die Seehunde verschwimmen im Zoom des iPhones und für die Wale bin ich nicht schnell genug. 
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In Ísafjörður angekommen, gehe ich erstmal ins Schwimmbad. Das Becken ist nicht sehr lang und auch, anders als in Island meist üblich, drinnen. Dafür habe ich es für mich allein. Nach dem Schwimmen sitze ich im heißen Topf und schwatze mit einem finnischen Käpt'n, einem belgischen Segler, der den Sommer im Hafen von Ísafjörður verbringt, und einer bayerischen Vielreisenden, die gerade aus Grönland zurückgekehrt ist. Die einzigen Isländer im Bad ist der junge Mann an der Kasse, der mir, da bin ich schon halb aus dem Bad raus, hinterher läuft und mir mein Portemonnaie in die Hand drückt. Auffordernd starrt er dabei auf mein Hosenbein, und mir wird plötzlich klar, dass unter dem noch das Gummiband mit der Marke hängt, das ich im Austausch für mein Portemonnaie bekam. Ich entschuldige und bedanke mich, aber er winkt lachend ab. Ich bin offensichtlich nicht die Erste.
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Ísafjörður (Eisfjord) ist die größte und wichtigste Stadt der Westfjorde. Sie liegt am Skutulsfjörður zwischen zwei schroffen Bergen, dem Eyrarfjall  und dem Kirkjubólsfjall. Im Winter sehen die Menschen zwei Monate lang die Sonne nicht. Der erste Siedler, der etwa im Jahre 920 kam, hieß Helgi Hrólfsson und nannte den Fjord Skutulsfjördur, nachdem er dort am Strand eine Harpune (isländisch skutull) gefunden hatte. Ísafjörður hat ein Universitätszentrum, eine Musikschule, ein Kino, eine Kunst-Galerie und einen Buchladen und erstaunlich viele Restaurants, eines davon mit einem exzentrisch-saisonalen Angebot. Und die Katzen hier sind mindestens genauso exzentrisch.
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Am nächsten Tag regnet es in Strömen. Ísafjörður ist leergefegt, die Touristen flüchten sich in Cafés und wir hinter unsere Arbeit am Computer. Erst am Tag darauf kommt die Sonne heraus. Wir verbringen den Nachmittag in Þingerey am Dyrafjörður. Dorthin fährt man durch einen einspurigen Tunnel. Die Autos, die uns entgegen kommen, haben Vorfahrt, und so rollen wir von Haltebucht zu Haltebucht. 
In Þingerey absolvieren wir das Standardprogramm: Wanderung am Fjord, Blaubeerenpflücken im Haukadalur und belgische Waffeln und heiße Schokolade im Simbahöllin Café. Wir erfahren, dass heute der wärmste Tag des Jahres in Island ist (15 Grad für uns). Wir sitzen draußen, reiben uns die Blaubeerflecken von den Händen und schlürfen die Schlagsahne von der Schokolade.  
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Am nächsten Tag fahren wir nach Bólungarvík, eines der ältesten Fischerdörfer Islands. Auf dem Weg machen wir Halt in Hnífsdalur (Messertal), laufen ins Tal und treffen ein paar Pferde. Sie halten das iPhone für Futter und stupsen mich ungeduldig an.
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Hnífsdalur
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Der Leuchtturm Óshólaviti vor Bolungarvík
In Bolungarvík entdecken wir das charmante Einarshús, ein Café, Restaurant und Gästehaus. Wir sind die einzigen Gäste in der Kaffeestube und studieren die Familienbilder, die dort hängen. Dabei wird unser Kaffee kalt. Die Geschichte des Einarshús steht für Trauer und Freude. Pétur, der erste Besitzer, musste in dreiundzwanzig Jahren 14 seiner Familienangehörigen begraben. Einar, der danach das Haus übernahm, lebte dort zufrieden mit seiner großen Familie. 
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Zwei Tage später sind wir wieder dem Rückweg nach Reykjavík (mittlerweile stürmt und schneit! es in Ísafjörður). Aber wir wollen noch nicht gleich nach Hause und machen einen Abstecher nach Látrabjarg, dem westlichsten Punkt Islands. Der Weg führt uns über Schotterpisten und Bergpässe, nichts für empfindliche Mägen und Höhenängstliche. Hin und wieder überholen wir Touristen in Mietwagen, die sich etwas verkrampft und im Schneckentempo von Schlagloch zu Schlagloch kämpfen. Der Trick ist die Geschwindigkeit. Ab 70 km/h spürt man die Unebenheiten kaum noch; man gleitet sozusagen über sie hinweg. Ich musste das auch erst lernen. 
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Das Schriffswrack Garður. 1981 wurde das Schiff für seeuntüchtig erklärt und an den Strand gebracht.
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Látrabjarg empfängt uns mit einem eigenwilligen Verkehrszeichen, das vermutlich bei Nebel auch den renitentesten Schnelldurchfahrer auf die Bremse treten lässt.  Aber wir müssen sowieso bremsen, denn wir sind am Haus unserer Freunde angekommen. Es gibt Lummur (Pfannkuchen) und Kaffee, wir machen einen Spaziergang am Strand, tauschen über den tosenden Wind hinweg Neuigkeiten aus, und dann haben uns die Seehunde entdeckt. Sie stecken die Köpfe aus dem Wasser und folgen uns neugierig. 
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Mittlerweile sind wir zurück in Reykjavík, packen aus und packen wieder ein. Am Dienstag  geht es für uns wieder nach Berlin, vorübergehend zumindest. 
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Nicolas on tour

8/8/2015

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Wenn das nicht bald aufhört, verliere ich meinen Job. Ständig diese Sonne. Wer kann bei diesem Wetter arbeiten? Neffe Nicolas hat nichts zu verlieren. Er hat Ferien. Er findet Geysir und Baden in warmen Flüssen cool, meint aber, dass ein Wasserfall genug sei (nach dem Motto, hast du einen gesehen, kennst du sie alle). Wann wurden Kinder so weise?
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Nur gestern regnete es ein bisschen. Ausgerechnet. Wir waren auf dem Weg zur Gay Parade, und während ich gerade Nicolas' fünften Chuck-Norris-Spruch verdaute, hob er das Gesicht in den Regen und meinte: "Endlich mal echtes isländisches Wetter." 

Am Tjörnin, dem Reykjavíker Stadtteich, fanden wir einen guten Stehplatz. Gerade zückten wir die Kameras, als uns drei kleine quirlige Kinder mit Regenbogenbemalung auf den Wangen vor die Beine geschoben wurden. Nicolas guckte konsterniert, aber bewahrte Chuck-Norris-Contenance. Und dann war es auch egal, denn das Spektakel begann.
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Die hinsegin dagar (hinsegin = andersherum) dauern fünf Tage an. Es gibt Filme, Konzerte, Ausstellungen, der Skólavörðustígur erhält ein Facelift vom Bürgermeister, Geschäfte und Skulpturen sind in Regenbogenfarben geschmückt, Bars und Cafés bersten. 
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© icelandmag.visir.is
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© icelandmonitor.mbl.is
Höhepunkt ist die Pride Parade, bejubelt von begeisterten Zuschauern. Das Beste hier: Páll Óskar. Letztes Jahr sang er in einem Riesenschwan, dieses Jahr war es ein gigantisches Vikingerschiff in lila.  
"Und", fragte ich Nicolas auf dem Nachhauseweg, "wie hat es dir gefallen?" 
"Ganz gut." Schulterzucken. Dann grinste er und sagte: "Chuck Norris macht das Licht nicht an. Er macht das Dunkel aus." 

Chuck Norris war hier.
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