26 Kilometer. Soviel sind wir am Sonntag gewandert, um den Þingvallavatn herum, ein gutes Stück jedenfalls, denn der See ist riesig, 84 Quadratkilometer lese ich gerade. Nördlich vom See, in Þingvellir, tagte vor eintausend Jahren das Alþing, das Parlament der Isländer, eines der ältesten Europas.
Im Þingvallavatn schwimmen vulkanische Inseln und fette Seeforellen, und drum herum protzen mehrstöckige spiegelverglaste Sommerhäuser mit dem Superreichtum von vor 2008. Pre-Kreppa*-Häuser sozusagen. Der Þingvallavatn ist übrigens auch im Sommer so kalt, dass man binnen weniger Minuten darin erfrieren würde. Wir hielten also gebührend Abstand und nur dann und wann inne, um der Aussicht zu huldigen. Danach Bier, Pizza, Bett. Am nächsten Morgen saß ich mit schmerzenden Beinen im Flieger nach Berlin, müde und sonnenverbrannt, aber stolz wie Bolle. *Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 in Island. Heißt soviel wie Krise, Depression, Panik, aber auch Alarm.
2 Kommentare
Im April in Island ist alles möglich: Schnee, Sturm, Hagel, Regen, Sonne. Wie in Deutschland, nur einen Zahn schärfer. Wir werden jedoch gerade satt verwöhnt: kein Wind, viel Sonnenschein. Dazu 7 Grad, die sich mit viel gutem Willen anfühlen wie 15. Am Sonntag fuhr ich aufs Geratewohl gen Süden und hielt die Handykamera aus dem Fenster. Keine einfache Sache bei 100 km/h, besonders die Selbstportraits. Aber eins reicht ja. Heute Nachmittag ging ich zum Strand und fotografierte die üblichen Verdächtigen. Frischer Fisch wurde auch gerade zum Trocknen aufgehängt. Der kleine Pelzige mit dem langen Schwanz, der am Strand entlang läuft, ist übrigens ein Nerz. Sieht man auch nicht alle Tage.
Der Grund für die lange Blog-Pause war eine Erkältung. Mit Schnupfen blogge ich nicht. Basta. Jetzt geht's mir besser, und so ging ich gestern, noch etwas matt vom Stubenhocken, ins Theater. Ganz spontan, gemäß dem Thema des Festivals, das gestern im Englischen Theater in Kreuzberg stattfand: Impro can do anything. The National Theatre of the World legte mit “Impromptu Splendor: Tschechow / Woody Allen” eine fantastische Show hin. Die Idee dahinter: man nehme einen berühmten Dramatiker und improvisiere ein Stück in dessen Stil. Etwas Futter brauchten die drei Kanadier schon, und so wurde zunächst das Publikum gefragt, was ihnen zu den Stückeschreibern einfiel (zu Tschechow: depressive, Moscow, The Cherry Orchard; zu Woody Allen: glasses, neurosis, jazz). Danach wollten die drei Schauspieler wissen, was die Zuschauer gerade so bewegte (back pain, Schienenersatzverkehr, cold weather). Jemand meinte, er würde in einigen Monaten Vater werden, und wüsste nicht, “if he was up to the task.” Auch das drei Monate alte Baby in der ersten Reihe wurde begrüßt, und dann ging’s los. Wow. Zweimal vierzig Minuten ließen es die Kanadier krachen. Nichts war einstudiert, alles kam aus dem Stegreif. Das Woody-Allen-Stück nannten sie – wie sonst: “Up to the task”, und bei Tschechow wurde bestimmt nicht nur das Publikum depressiv. Sogar das Baby spielte eine Rolle: sein gelegentliches Weinen wurde prompt in den jeweiligen Dialog übernommen. |
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Juli 2022
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