Nach drei Tagen Regen und Sturm und vielen Stunden am Schreibtisch (wir machen schließlich keinen Urlaub hier) beschlossen wir gestern, uns etwas Gutes zu tun. Wir fuhren nach Rhodos Stadt - in der Annahme, es würde am Abend einen Bus zurück nach Lindos geben. Pustekuchen. In Rhodos erfuhren wir, dass der Bus, mit dem wir gekommen waren (14.30), der letzte war. Wir blieben trotzdem.
In den Gassen der Altstadt fühlten wir uns um Jahrhunderte zurück versetzt, und nur das Knattern der Motorroller riss uns zurück in die Gegenwart. Wir fragten uns, wozu die Torbögen zwischen den Häusern dienten (zum Abstützen doch wohl kaum). Am Platz der jüdischen Märtyrer saßen wir auf der sonnigen Dachterrasse eines Restaurants, tranken Weißwein, und in meinen geschmorten Paprikaschoten befand sich etwas, das wie aufgewärmter Labskaus schmeckte, thankyouverymuch. Selber schuld: wer geht schon in das erstbeste Lokal. Der Blick von oben war aber schön. Danach ein Spaziergang durch das türkische Viertel bis zur Süleymann-Moschee und von dort zum Hafen, wo mal der Koloss von Rhodos stand. Der fiel vor langer Zeit bei einem Erdbeben um. An seiner Stelle stehen jetzt zwei hübsche Rehe. Oder Hirsche. Interessant war die Rückfahrt im Taxi. In Rhodos gibt es an jedem großen Taxistand eine Tafel mit Orten und Preisen. Sehr angenehm nach unseren Erfahrungen in Istanbul, wo die gleiche Fahrt zwischen 8 und 35 türkischen Lira kostete (letztere wollten wir nicht bezahlen und wurden dafür auf halbem Wege aus dem Auto geschmissen). Der Taxifahrer (wir sind zurück in Rhodos) hielt unterwegs zweimal. Einmal um zu tanken und ein zweites Mal neben einem Olivenhain, der, wie er sagte, ihm gehörte und wo ein Auto parkte. „They are stealing my olives again“, schrie er, bremste mit quietschenden Reifen und riss die Autotür auf. „Be back in a minute!“ Damit verschwand er in der Dunkelheit zwischen Olivenbäumen. Ich musste an den Film von Friðrik Þór Friðriksson denken, den über den armen Japaner, der im Winter nach Island fliegt und dessen Taxifahrer in einem kleinen Ort in der Nähe des Flughafens anhält, um eine Stunde lang im Kirchenchor mitzusingen. Wir warteten nicht so lange, nur zehn Minuten. Zum Glück gab es diesen Festpreis. Die Diebe fasste der Taxifahrer nicht, dafür wurden wir auf der halbstündigen Fahrt nach Lindos über die wahren Gründe für die finanzielle Misere Griechenlands aufgeklärt.
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Juli 2022
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