Hab ich schon mal über Þrettándinn geschrieben? Macht nichts, schreib ich eben noch mal. So viel passiert halt nicht an einem Freelancer-Schreibtisch am 64. Breitengrad. Die Sache mit den Kühen und Seehunden hatte ich ja schon erwähnt. Þrettándinn heißt der 13. und ist, jawohl, der 13. Tag nach Weihnachten. Die Brenna, die großen Feuer am Strand, werden noch mal angezündet, die letzten Knaller abgefeuert, die Weihnachtsbäume im Feuer entsorgt, die Deko auf den Dachboden gepackt. Und auch der letzte der Jólasveinar, mein Freund Kertasníkir, verschwindet zurück in die Berge. Ein bisschen erinnerte mich die Atmosphäre heute Abend am Feuer an Geysir. Alle stehen hinter der Absperrung und schießen Fotos. Ab und zu sprühen Funken und dann kreischen die Mädels.
Þrettándinn war am 6. Januar. Aber wie so oft kam Sturm auf. Darauf ist man hier eingestellt und verschiebt flexibel. Deswegen war erst heute wirklich Schluss mit Weihnachten.
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Heute ist Þorláksmessa[θɔrlauxsˌmɛsːa], der Tag, an dem man in Island den Weihnachtsbaum schmückt, das Haus putzt und die letzten Weihnachtsgeschenke kauft. Auf dem Laugavegur herrscht Trubel. Die Geschäfte sind bis 23 Uhr geöffnet, man trifft Freunde und Verwandte, bleibt stehen, schwatzt. Nur an einigen Häusern geht man hastig vorbei und hält die Luft an, weil es aus ihnen so stinkt, als hätte dort gerade ein Pferd in den Kochtopf gepinkelt. Das kommt von Skata, dem vergammelten Rochen, der hier traditionell am 23. Dezember gegessen wird. Ich als útlendingur muss da ja nicht mitmachen. Außerdem esse ich sowieso lieber Fish 'n Chips. Die gibt es gegenüber vom Hafen im "Icelandic Fish & Chips". Dazu passen Einstök, ein wunderbar aromatisches, isländisches Bier, und Brennivín (auch Schwarzer Tod genannt). Das Bistro ist im Sommer oft so krachend voll, dass man kaum Platz bekommt. Jetzt im Winter streifen nur ein paar lichtscheue Touristen durch die Straßen, und deswegen ist es entspannter. Das Essen bestellt man am Tresen, trägt seine Nummer zum Tisch und bekommt wenig später seinen kleinen Fish-'n-Chips-Eimer. Knusprig, heiß und köstlich. Alles bestreut man kräftig mit Meersalz und tunkt sich dann durch diverse hausgemachte Dips auf Skyr-Basis. Der Brennivín danach ist kein Muss, aber empfehlenswert.
Sie schlecken den Schaum von der Milch, glotzen durch Fenster und erschrecken kleine Kinder, klauen Kerzen, knallen Türen zu und kratzen Pfannen und Töpfe aus. Sind alle Brüder bei uns angekommen, ist Weihnachten. Danach stiefeln die 13 kleinen Sadisten einer nach dem anderen zurück zu Mama in die Trollhöhle. Das dauert bis zum 13. Tag nach Weihnachten (6. Januar). Erst dann bin ich die Frühstückstrolle los. Stekkjarstaur (Schafschreck) macht den Anfang. Er ist der Älteste der Brüder und scharf auf Schafsmilch. Er schleicht sich in Ställe und versucht, die Schafe zu melken. Allerdings hat er aufgrund seines hohen Alters ziemlich steife Beine, und deswegen geht das mit dem Unters-Schaf-Beugen meistens schief. Stúfur ist der Knirps. Er liebt Kinder, und sie lieben ihn. Sie stellen ihm sogar Nachts einen Stuhl vor das Fenster, damit er ins Haus klettern kann. Stúfur kratzt am liebsten das Angebrannte aus Pfannen aus. Zwei üble Burschen: Þvörusleikir, der Löffellecker, und Pottasleikir, der Kesselkratzer. Die Brüder kommen am 15. und 16. Dezember. Þvörusleikir ist mager und ewig hungrig und leckt mit seiner langen Zunge Kochlöffel ab. Pottasleikir ist noch verfressener und seine Zunge noch länger. Mit der schleckt er sich hemmungslos durch Töpfe und Pfannen. Das ist Hurðaskellir, der Türenknaller. Nummer sieben macht sich einen Riesenspaß daraus, Menschen zu Tode zu erschrecken. Er schleicht sich an Häuser heran, pfeift sich ein Liedchen und knallt dann mit Wucht die Türen zu. Nach dem Türenknaller kommt Skyrgámur, der Gierige. Er macht sich über die Skyrvorräte im Haus her und frisst so lange, bis er fast platzt. Skyrgámur weiß, was gut ist: Skyr ist die isländische Variante von Quark, nur viel besser. Kertasníkir schnorrt Kerzen und ist mir, gleich nach kleinen Stúfur, der Liebste auf der aktuellen Milchpackung. Vielleicht, weil er er fast so aussieht wie ich am frühen Morgen. |
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Juli 2022
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