Wenn er über das Eis spricht, strahlt Bergführer Henrik. Er erzählt, wie sich Sólheimajökull ständig verändert. Wie sich die Vulkanasche durch die Gletscherspalten nach oben presst. Wie schön das Eis in der Sonne glitzert. "So beautiful!" Weite Armbewegung. Strahlen. Henrik zeigt auf einen Haufen Steine, Überreste der Felsen, mit denen sich die zwei Trollbrüder über die Schlucht hinweg bewerfen, wenn sie um die Trollfrau Katla kämpfen. So erklären sich auch die Erdbeben in der Gegend, natürlich. Sein Kollege Gummi (Guðmundur) knabbert derweil versunken an dem Stück Eis, das er aus der Eishöhle mitgebracht hat und lächelt leise. "Ice is nice!", ruft Henrik und strahlt noch ein bisschen mehr. Natürlich erzählen uns Gummi und Henrik auch, wie stark der Gletscher geschrumpft ist, in den letzten zwanzig Jahren um etwa tausend Meter. Drei Frauen im Eis. Sonnenbrand, Muskelkater, blaue Knie. Letztere holen wir uns beim Eisklettern. Auf typisch isländische Art wird gar nicht viel darüber geredet, sondern einfach gemacht. Henrik führt es strahlend vor, Gummi knüpft uns ans Seil, wir schlagen die Äxte und Steigeisen ins Eis, und hoch geht's.
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Krýsuvík ist Trollgebiet. Das merkt auch der dickköpfigste Trollverleugner, der von Hafnarjörður über die Bergkuppe kommt und in die mysteriöse Landschaft hinein fährt. Spätestens in Seltún, wo es blubbert und brodelt und stinkt wie in einer Trollküche. Und dass es im Kleifarvatn ein Seeungeheuer gibt, glaubt man auch sofort. Im Moment friert sich das allerdings die Ungeheuerkrallen ab; der Kleifarvatn ist fast zugefroren. Jeder, der oberhalb des Sees anhält, macht dieses Foto. Kommt niemand drum herum, auch wir nicht. Als ich mich umdrehe, entdecke ich das Seeungeheuer. Da liegt es am Ufer, bewegungslos und pappesatt. Ganz klar hat es sich die Jeepfahrer inklusive Jeeps einverleibt, als die am Strand verbotenerweise Achten fuhren. Über Kleifarvatn gibt es Geschichten. In Arnaldur Indriðasons "Kältetod" taucht eine Leiche auf, als sich das Wasser des Sees unerwartet zurückzieht. Interessanterweise ist der Tote an ein russisches Sendegerät gekettet. Ich wette, das hängt mit dieser Geschichte zusammen: 1973 fanden die zwei Brüder Guðmundur und Ólafur russische Abhör- und Sendegeräte im See. Es wird vermutet, dass die Russen das Zeug dort entsorgten, nachdem sie bessere Spionagetechnik aus Moskau erhalten hatten. Wir fahren weiter nach Krýsuvíkurbjarg. Dort kommt man schon im Sommer schlecht hin. Also lassen wir das Auto in der Nähe der Straße stehen und stapfen durch den Schnee zu den Klippen. Zwar versinken wir mitunter bis zu den Knien, aber wie es sich lohnt. Einmal durchpusten lassen, Foto schießen und zurück.
Sie schlecken den Schaum von der Milch, glotzen durch Fenster und erschrecken kleine Kinder, klauen Kerzen, knallen Türen zu und kratzen Pfannen und Töpfe aus. Sind alle Brüder bei uns angekommen, ist Weihnachten. Danach stiefeln die 13 kleinen Sadisten einer nach dem anderen zurück zu Mama in die Trollhöhle. Das dauert bis zum 13. Tag nach Weihnachten (6. Januar). Erst dann bin ich die Frühstückstrolle los. Stekkjarstaur (Schafschreck) macht den Anfang. Er ist der Älteste der Brüder und scharf auf Schafsmilch. Er schleicht sich in Ställe und versucht, die Schafe zu melken. Allerdings hat er aufgrund seines hohen Alters ziemlich steife Beine, und deswegen geht das mit dem Unters-Schaf-Beugen meistens schief. Stúfur ist der Knirps. Er liebt Kinder, und sie lieben ihn. Sie stellen ihm sogar Nachts einen Stuhl vor das Fenster, damit er ins Haus klettern kann. Stúfur kratzt am liebsten das Angebrannte aus Pfannen aus. Zwei üble Burschen: Þvörusleikir, der Löffellecker, und Pottasleikir, der Kesselkratzer. Die Brüder kommen am 15. und 16. Dezember. Þvörusleikir ist mager und ewig hungrig und leckt mit seiner langen Zunge Kochlöffel ab. Pottasleikir ist noch verfressener und seine Zunge noch länger. Mit der schleckt er sich hemmungslos durch Töpfe und Pfannen. Das ist Hurðaskellir, der Türenknaller. Nummer sieben macht sich einen Riesenspaß daraus, Menschen zu Tode zu erschrecken. Er schleicht sich an Häuser heran, pfeift sich ein Liedchen und knallt dann mit Wucht die Türen zu. Nach dem Türenknaller kommt Skyrgámur, der Gierige. Er macht sich über die Skyrvorräte im Haus her und frisst so lange, bis er fast platzt. Skyrgámur weiß, was gut ist: Skyr ist die isländische Variante von Quark, nur viel besser. Kertasníkir schnorrt Kerzen und ist mir, gleich nach kleinen Stúfur, der Liebste auf der aktuellen Milchpackung. Vielleicht, weil er er fast so aussieht wie ich am frühen Morgen. |
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Juli 2022
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