An unserem ersten Morgen auf Lipari werden wir vom lauten Tuten unserer Handys geweckt. Verschlafen starre ich auf den Bildschirm und die einzigen zwei Worte in Großbuchstaben, die ich entziffern kann: ALLARME und IMMINENTE. Bis wir kapiert haben, dass es sich um eine Übung für einen bevorstehenden Vulkanausbruch auf der Nachbarinsel Vulcano handelt, sind wir hellwach und auf den Beinen. Auch schön, draußen scheint die Sonne. Singvögel und OrangenAuf Lipari wohnen wir zunächst in einem Haus oberhalb der Stadt, mitten in der Natur. Meine Birds-App läuft zu Höchstleistung auf und meldet eifrig und in schneller Folge Wiedehopf, Star, Singdrossel, Gartengrasmücke, Buntspecht, Mauersegler, Gimpel, Kleiber, Türkentaube. Ein scheuer und offenbar streunender Hund hält Wache vor dem Eingang zum Haus, aber läuft ängstlich davon, sobald wir uns nähern. Zwei Orangenbäume stehen im Garten hinter dem Haus. Wir sammeln die reifen Früchte auf; sie sind kleiner als die, die wir zuhause kaufen, aber süß und saftig. Ruhe mit VollgasLipari ist ursprünglich, charmant, liebenswert und bei weitem nicht so touristisch wie Taormina. Hier scheint das Leben einem eigenen Rhythmus zu folgen. Die Menschen sind entspannt, freundlich und herzlich und schätzen es, wenn wir an ihnen unsere rudimentäres Italienisch testen. Es ist ruhig in der kleinen Stadt, doch kann der Lärmpegel binnen einer Sekunde von Null auf Hundert steigen, wenn plötzlich zwei Vespas mit Vollgas eine schmale Gasse hinauf jagen. Und schön, dass wir in der Vorsaison hier sind, wir können uns vorstellen, wie sich die verwinkelten Gassen im Sommer mit flanierenden Touristen füllen. Ein Hafen als WohnzimmerDie Marina Corta wird das Wohnzimmer Liparis genannt. Geschützt liegt der kleine Hafen unterhalb des Stadtfelsens Il Castello. Ein paar Fischer gehen ihrer Arbeit nach, in den Lokalen, in denen es fangfrischen Fisch gibt, herrscht wenig Betrieb. Noch sind wenige Gäste hier, nach Ostern soll sich das ändern, hören wir. Tindern analog – La PasseggiataIn Italien gibt es das Ritual des Abendspaziergangs, die Passeggiata. Wir erfahren, dass Lipari der beste Ort ist, dieses Ritual kennenzulernen. So zwischen Feierabend und Abendessen füllt sich der Corso Vittorio Emanuele, die Shoppingstraße Liparis, mit Spaziergängern, alle darum bemüht, gut auszusehen. Die Passeggiata ist sowas wie eine Partnerbörse, nur analog. In Grüppchen spazieren die meist jugendlichen Einwohner den Corso herunter und werfen sich interessierte Blicke zu, während die Alten am Rand das Geschehen amüsiert und interessiert beobachten. Wandern mit AusblickLipari entpuppt sich als Wanderparadies. Am ersten Tag steigen wir auf zum Monterosa und genießen den Blick auf Stromboli. Auch die Wanderung zum alten Observatorium an der Südspitze Liparis ist ein Erlebnis. Wir sehen Vulcano und den rauchenden Krater, die davor liegende Insel Vulcanello und dahinter den Ätna.
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Juli 2022
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